Dienstag, 30. März 2010

Zur Beisetzung der Frau von Ajatollah Montazeri



Die Beisetzung

Wie in diesem Video zu sehen ist, ist eine große Menge von Menschen in die Stadt Qom gefahren, um der verstorbenen Frau von Ajatollah Montazeri und seiner Familie die letzte Ehre zu erweisen. Die Regierungkräfte haben alles versucht, um die Zeremonie zu verhindern. Sie nahmen der Famile von Groß-Ajatollah Montazeri sogar den Leichnam weg; in der Islamischen Republik wohlgemerkt. Saeed Montazeri, Sohn des Ajatollah, interpretierte das Verhalten der Regierung: "Mit dieser traurigen Aktion haben sie ihre Angst deutlich gemacht und haben zur Schau gestellt, selbst vor einer Leiche und deren Begräbnis Angst zu haben".

Warum wurde der Groß-Ajatollah so beliebt?

1. Gerechtigkeit und Menschenrechte waren ihm wichtiger als Macht
Ajatollah Montazeri war einer der Gründer der Islamischen Republik. Eigentlich sollte er Ajatollah Chomeinis Nachfolger werden: als Revolutionsführer. Er kritisierte aber die Menschenrechtsverletzungen des iranischen Regimes und kritisierte Ajatollah Chomeini für seine Fatwa, viele politische Gefangene wegen bewaffneten Widerstands und Zusammenarbeit mit einer terroristischen Organisation zu töten. Dr. Maleki, erster Chef der Teheran Universität, schrieb für die Onlinezeitung Roozonline über die Gefängnisse von damals und wie Ajatollah Montazeri sein Leben rettete. Er redete über eine Geschichte, die für viele Iraner eine neue, für manche eine vergessene Geschichte war. Dr. Maleki war nie Mitglied der MKO und schrieb wie grundlos und ohne reguläre Gerichtsverhandlungen er zum Tode verurteilt wurde, und wie Ajatollah Montazeri sein Leben rettete. Die Jugend im Iran wurde neugierig, was damals passierte. Übrigens war damals Mousavi Premierminister des Iran. Viele behaupten, Mousavi sei einer der wenigen hochrangigen Politiker dieser Zeit, die ihre Hände nicht schmutzig machten.

Ajatollah Montazeri war zweifellos einer der wenigen Persönlichkeiten, die bereit waren, die Macht für die Gerechtigkeit abzugeben und sich für alte Gedanken und Handlungen zu entschuldigen (er entschuldigte sich dafür, dass er die Geiselnahme der amerikanischen Diplomaten kurz nach der islamischen Revolution unterstützte).

2. Er half den Familien der politischen Gefangenen
Als bekannt wurde, dass Ajatollah Montazeri mit dem Geld seiner religiösen Anhänger (Khmos ist die religiöse Bezeichnung für dieses Geld) die Familien der politischen Gefangenen unterstützt, vergrößerte sich die Anzahl seiner Anhänger rasant. Für unreligiöse Leute war er nicht mehr nur ein Groß-Ajatollah, sondern ein Menschenrechtsaktivist. Also überwiesen auch sie ihm Geld.

3. Widerstand
Seine Furchtlosigkeit gegenüber Herrschern war einzigartig. Wegen seiner Kritik an Chamenei war er jahrelang unter Hausarrest. Seine berühmte Fatwa nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen war: „Sollte ein Verantwortlicher seine weltlichen und religiösen Pflichten versäumt und das Vertrauen des Volkes missbraucht haben, gelte er automatisch als abgesetzt. Sollte er jedoch versuchen, durch Gewalt, Lug und Trug sich an der Macht zu halten, seien die Gläubigen verpflichtet, mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln ihn abzusetzen. Kein Gläubiger dürfe sich, unter welchem Vorwand auch immer, dieser Verpflichtung entziehen.“ [Zitat-Quelle: Wikipedia]

Das war eine kleine Auflistung der Taten eines Mannes, dessen Tod eine Million Menschen dazu brachte, nach Qom zu fahren, das Weiße Haus dazu brachte, zum ersten Mal eine Trauerrede für einen schiitischen Kleriker zu schreiben und dessen Tod und der Tod seiner Frau eine Regierung zum Zittern brachte.

Und Frau Montazeri: Eine Frau, die zweifellos nicht weniger als ihr Mann leiden musste, als er im Gefängnis war, trotzdem aber die Frauen und Kinder anderer politischer Gefangenen tröstete und bemutterte.

Vergleichbare Artikel auf anderen Seiten:
1. 30 Menschen nach Begräbnis von Ayatollah Montazeris Ehefrau verhaftet
2.  Funeral of Montazeri wife held under heavy security presence

Samstag, 27. März 2010

Frau von Ajatollah Montazeri verstorben

Die Regierung will die Beerdigungszeremonie verhindern, sie wird aber wahrscheinlich trotzdem stattfinden.

Freitag, 26. März 2010

Netzwerk Familie

Innerhalb der dreizehntägigen Nowruz-Ferien besuchen Iraner ihre Familien, Verwandte und Freunde. Die Nowruz-Besuche sind kurz und dauern etwa eine halbe Stunde. Als Zeichen des Respekts gehen zuerst die Jungeren die Älteren besuchen. Dieses Jahr sprechen die Iraner über Politik und die politischen Gefangenen; schließlich betrifft es viele Familien. Bei der hohen Anzahl der Verhafteten ist es keine Seltenheit, dass ein Familienmitglied oder Freund von einem Familienmitglied aus politischen Gründen im Gefängnis sitzt. In den virtuellen Netzwerken wurde vorgeschlagen, dass man bei den Nowruz-Besuchen auch über mögliche Streiks spricht. Somit kann man auch besser feststellen, wie groß die Bereitschaft des Volkes ist, zum Beispiel seine Strom- oder Wasserrechnungen nicht zu bezahlen. Schließlich benutzen nicht alle das Internet, vor allem nicht ältere Menschen. Der große Vorteil dabei ist, dass das wichtigste Netzwerk nicht gefiltert werden kann.

Sonntag, 21. März 2010

Nowruzetan Piruz


Frohes Nowruz, froher Frühlingsanfang!

Siehe auch:
Mousavis Neujahbotschaft
Video: President Obama's Nowruz Message 
Mir Hossein Mousavi and Zahra Rahnavard messages to Iranian People for Nowruz
Karroubi's Nowruz Message
Ali Tavakolis Neujahrbotschaft   
Charshanbesuri, eine Jahrtausende alte Tradition

Sie sind dran!

Wollten Sie schon immer iranischen Journalisten helfen, wussten aber nicht wie?

Zwei gute Aktionen stehen für Sie zur Verfügung:

1. Reporters without Borders braucht Geld, um Blogger und Journalisten auf der Flucht mit Essen, Medikamenten und Reisetickets zu versorgen. Sie sind in der Türkei immer noch unter Verfolgung der islamischen Republik und müssen dringend in sicherere Länder gebracht werden. In der Türkei sind sie noch arbeitslos und müssen trotzdem Asyl-Aufenhaltsgeld zahlen. Außerdem gibt es ein Video mit englischem Text von Nikahang Kowsar, dessen Karikaturen Sie bereits kennen. Klicken Sie im rechten Gadget auf weitere Infos, um den vollständigen Text lesen zu können.

2. Amnesty International schlägt vor, eine Neujahrskarte an iranische politische Gefangene zu schicken. Sie schlägt ein paar Aktivisten vor, zwischen denen man sich einen aussuchen kann.

Sie sind die Medien!

Charshanbesuri (3)


Khameneis Fatwa über Charshanbesuri (s. Oberster Führer verurteilt iranisches Feuerfest) wurde ignoriert. Das Volk feierte diesen traditionellen Tag noch euphorischer. Sein Büro soll diesen Fatwa von Khameneis Webseite zumindest vorübergehend gelöscht haben! Das mit Photoshop bearbeitete Foto ist eines der beliebtesten Fotos auf Twitter und Facebook bei den Iranern.

Wer noch mehr tanzende Iraner sehen will, kann sich folgende Videos anschauen:
Video 1
Video 2
Video 3
Video 4

Dienstag, 16. März 2010

Videos und Berichte von Charshanbesuri (2)

Teheran, Amir-Abad Straße:


Teheran: Polizei greift an, Charshanbesuri wird politisch(er). Die Menge schreit "Tod der Diktatur"


Teheran: Leute tanzen singen politische Lieder und feuern Mousavi und Karroubi

Videos, Fotos, und Berichte von Charshanbesuri (1)

 Polizeiauto umkreist von tanzende Menschen

Isfahan: Tanzen um Lagerfeuer


Shiraz: das Video zeigt, wie wertlos Khameneis Wörter gegen Charshanbesuri sind. Eine große Menge feiert


Karaj, in der Nähe Teherans: ein Volk tanzt


Das Polizeiaufgebot war heute größer als in den vorherigen Jahren. Dies konnte aber die Leute nicht verhindern, ihre alte Tradition zu feiern. Berichte, Videos und Fotos deuten auf eine große Teilnahme der Bevölkerung. Zusammenstöße zwischen den Sicherheitskräfte und Bevölkerung wurden berichtet, aber noch nicht bestätigt. Andere Augenzeugen berichten aber auch, keine Zusammenstöße gesehen zu haben. Es war wahrscheinlich von Ort zu Ort unterschiedlich.

Die Sicherheitskräfte waren in manchen Städten in allen Teilen der Städte verteilt und konnten aufgrund ihrer kleinen Anzahl nicht agieren.

Es ist 22:25 deutsche, 24:55 iranischer Uhrzeit. Im Iran sind die Leute noch am Feiern.

Sonntag, 14. März 2010

Charshanbesuri, eine Jahrtausende alte Tradition


Charshanbesuri oder Chahar Shanbe Suri (gesprochen: Tschar-Schanbe Suri) ist der letzte Dienstag des Jahres im iranischen Kalender. Ein Tag, der die große Kluft zwischen der Bevölkerung und der Regierung deutlich macht.

Ursprung und Bedeutung

Das persische Neujahr, Nowruz, ist der wichtigste Feiertag im Iran. Nowruz bedeutet "der neue Tag" und bezeichnet den Frühlingsanfang. Am 23. Februar 2010 erkannte die UN den  21. März als internationalen Nowruz-Tag mit iranischem Ursprung an. Der Frühlingsanfang wird sekundengenau von Astronomen vorhergesagt, damit die Iraner sekundengenau dieses Fest feiern können. Dieses Jahr ist Nowruz am 20. März um 21:02:13 im Iran, oder 18:32:13 in Deutschland.

Charshnabesuri bedeutet Roter Mittwoch und wird in der Nacht zuvor gefeiert. Diese beiden Tage haben aber keinen islamischen Ursprung. Nach der islamischen Revolution gab es immer wieder Versuche, diesen Tag nicht mehr als Feiertag anzuerkennen und ihn sogar durch den Siegestag der Revolution 1979 zu ersetzen. Beispielsweise bezeichnete Ajatollah Motahhari Nowruz als "anti-islamischen Tag" und den Charshanbesuri als "Tag der Idioten".

Diese Festtage finden ihren Ursprung in der zaroastrischen Religion nach den Lehren Zarathustras. Charshanbesuri ist der Tag, an dem man den Sieg des Lichts über die Dunkelheit feiert. Man geht auf die Straßen, macht Lagerfeuer, und springt über das Feuer.

Charshanbesuri in den letzten Jahren und meine Erfahrungen

Kurz vor Charshanbesuri gab es immer Warnungen des Staats über die Gefahren des Feuers. Gerechtfertigt, kann man sagen. Tatsächlich gab es immer wieder Schwerverletzte.

Wenn aber an diesem Tag die Polizei oder Bassij zu uns Feiernden kam, sagten sie: "geht nach Hause, versammelt euch nicht". Der Staat hat immer gewusst, wie gefährlich dieser Tag werden kann, sagte es aber bis zu diesem Jahr nicht in der Öffentlichkeit. An diesem Tag läuft überall in den Autos illegale Musik. Frauen und Männer tanzen. Kommt ein verdächtigtes Auto mit bärtigen Männer, flieht die Menge in die Nachbarhäuser. An so einem Tag ist es normal, kurz verhaftet zu werden.

Die grüne Bewegung und eine neue Erfahrung

Nach 22 Bahman will die grüne Bewegung nicht mehr die Feiertage der islamischen Republik nutzen, um auf die Straße zu gehen, sondern ihre eigenen Feiertage. Ihre eigene Geschichte, mit der die Menschen sich viel besser identifizieren können. Charshanbesuri war für mich immer ein gefährlicher Tag. Ein Tag, an dem ich verletzt und verhaftet werden könnte. Ich habe mich aber immer auf diesen Tag gefreut, weil ich mich frei fühlte und mit dem ganzen Land feiern konnte. Ich habe aber auch mehrmals erlebt, dass die Polizei heimlich mit uns feierte. Euphorisch haben wir diesen Tag an anderen Tagen kurz nach Charshanbesuri wiederholt.

Die grüne Bewegung hat ihre Pläne für diesen Tag. Die Regierung droht mit Härte das Volk niederzuschlagen. Spielt die Regierung mit Feuer? Siegt an diesem Tag vielleicht das Licht über die Dunkelheit?

Vergleichbare Artikel auf anderen Seiten:
1. Oberster Führer verurteilt iranisches Feuerfest
2. The Red Wednesday, a fire-connected festivity!



Videos und Fotos von Charshanbesuri werden auf dieser Seite veröffentlicht. Es kann auch gut sein, dass der Tag ein bisschen früher anfängt. Vielleicht sogar heute Nacht.

Samstag, 13. März 2010

Gegner der grünen Bewegung

Die grüne Bewegung ist sehr vielfältig. Sie besteht aus sehr unterschiedlichen politischen, religiösen und ethnischen Gruppierungen. Ihre Anhänger sind teilweise religiös, teilweise säkular. Während die einen schon immer Gegner der islamischen Republik waren, waren die anderen zeitweise hochrangige Politiker dieser Regierung. Die grüne Bewegung hat aber auch ihre Gegner. Mit diesem Artikel will ich die Denkweise der Gegner der grünen Bewegung dem Leser näher erläutern. Dazu kommentiere ich, warum diese Gruppen keine erwähnenswerte Anzahl an Anhängern in der iranischen Bevölkerung gewinnen können.

1. Islamische Republik

Noch nie hat eine Organisation oder Bewegung die islamische Republik so gefährdet und geschwächt wie die grüne Bewegung. Viele noch lebende Gründer der islamischen Republik sind Teil dieser Bewegung. Die symbolischen Führer dieser Bewegung, Mousavi und Karroubi, oder der verstorbene Groß-Ajatollah Montazeri sind nur wenige Beispiele. Die Islamische Republik war bisher oft Thema dieses Blogs und wird in diesem Artikel nicht weiter analysiert.

2. Kommunisten

Iranische Kommunisten leben hauptsächlich in Deutschland und sind meist älter als vierzig Jahre. Entweder verließen sie das Land kurz nach der Revolution oder sie änderten ihre Meinungen mit der Zeit und der Entwicklung der Welt.

Die iranischen Kommunisten sind der Ansicht, dass es keinen Unterschied zwischen den Reformisten wie Khatami und Khamenei oder Ahmadinejad gibt. Sie behaupten, das Ganze sei nicht mehr als ein innerer politischer Machtkampf. Die kleinen Änderungen seien nur zur Beruhigung der Bevölkerung, damit die Islamische Republik weiter bestehen kann. Den Kommunisten wird vorgeworfen, nicht differenzieren zu können. Die grüne Bewegung unterscheidet sogar zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb der heutigen Regierung.

Mit dem Beginn der grünen Bewegung änderten viele von ihnen ihre alten Ansichten und wurden grün. Die anderen hoffen aber, dass die iranische Jugend von Mousavi enttäuscht wird und Teil der existierenden kommunistischen Bewegung wird, die im Iran aber nicht existiert. Ein Teil dieser Gruppe hat hat also noch nicht erkannt, dass Mousavi kein Anführer der grünen Bewegung ist, sondern nur eine Schlüsselrolle in der Bewegung spielt. Selbst wenn die Anhänger der grünen Bewegung von Mousavi enttäuscht würden, gäbe es keinen Grund sich von der Bewegung zu entfernen, weil für sie nicht die Personen, sondern die Ideen von Bedeutung sind. Ein Motto der grünen Bewegung ist: "Jeder Bürger ein Anführer". Damit wäre zum Beispiel auch eine mögliche Verhaftung Mousavis nicht das Ende der Bewegung.

Der andere Teil dieser Gruppe, der weiß, dass Mousavi nur ein symbolischer Anführer der Bewegung ist, kennt die Bedürfnisse der Bevölkerung und Jugend nicht, weil er keinen Kontakt mit ihr hat. Die Freiheiten, die ein Iraner sich wünscht, wären in einem kommunistischen Staat nicht vorhanden. Die politische Meinung der Kommunisten ist außerdem für die iranische Jugend eher abschreckend und altmodisch.

3. MKO

Die terroristische Organisation MKO behauptet, die iranischen Demonstranten seien ihre Anhänger! Sie geben sich als demokratisch und liberal aus, auf den von ihnen bewohnten Straßen in Bagdad müssen aber die Frauen auf einer Straßenseite, die Männer auf der anderen Seite laufen. Außerdem wird ihren Mitgliedern vorgeschrieben, wer wen heiraten soll. Für einen Iraner sind MKOs viel schlimmer und radikaler als die islamische Republik. Die grüne Bewegung gehört keiner einzelnen Gruppe.


Fußnote
Dieser Artikel wurde recht lang, obwohl ich versuchte mich so kurz wie möglich zu fassen. Trotzdem glaube ich, dass dem Leser noch Fragen offen bleiben. Gerne können wir in den Kommentaren solche Fragen diskutieren.

Donnerstag, 11. März 2010

Symbol des Widerstands, frei

Rahnavard und Mousavi  (v. r.) bei Tajzadeh (l.) zu Besuch nach seiner Freilassung

Tajzadeh ist das Symbol des Widerstandes gegen seine Verhörer. Der  frühere stellvertretende Innenminister  wurde einen Tag nach den gefälschten Wahlen im Iran verhaftet. Er war vier Monate in Isolationshaft. Bei seiner Gerichtsverhandlung verteidigte er sich nicht. Er sagte, solange Jannati, Leiter des Wächterrats, nicht vor Gericht gestellt werde, werde er sich nicht verteidigen. Sein Mut das iranische Gericht so bloßzustellen machte ihn zum Helden. Tajzadeh verklagte Jannati wegen der Aberkennung von etwa siebenhunderttausend Stimmen bei den Parlamentswahlen in Teheran.
Während seiner Haft stand er unter großem Druck, vor den Kameras ein Geständnis abzugeben: die Richtigkeit der Wahlen zu bestätigen und Mousavi zum Landesverräter zu bezeichnen. Er leistete Widerstand.

Plötzlich und unerwartet erschien die Nachricht über seine Befreiung. Er musste im Gegenteil zu den anderen politischen Gefangenen, die in den letzten Wochen befreit wurden, keine astronomischen Summen an Kaution bezahlen (siehe Julias Blog): er kam ohne Bezahlung von Kaution frei!

Bekannte Persönlichkeiten wie Mousavi, Zahra Rahnavard, Karroubi, Ex-Präsident Khatami, Alviri, Khomeinis Enkelsohn, Hajjarian und Aghajari besuchten ihn kurz nach seinem Gefängnisurlaub. Laut  der Mousavi-nahen Webseite Kaleme lobte Mousavi den Widerstand Tajzadehs und sagte zu ihm: "wir alle stehen solange für unsere Rechte ein, bis wir unser Ziel erreichen".

Fußnoten:
1. In den letzten Wochen sind viele politische Gefangene freigekommen. Es ist unklar, wie lange ihre Freiheit aus dem Gefängnis anhält. Es heißt, sie seien unter der Bedingung freigekommen, dass sie nichts politisches äußern. Gleichzeitig wurden andere Aktivisten verhaftet, sodass man die Befreiungen nicht loben kann. Es heißt auch, dass die Gefängnisse voll von politischen Gefangenen sind.

2. Tajzadeh ist Mitglied der Partei Mosharekat, und der Organisation Mojahedin-e-Enghelab-e-Eslami (nicht verwechseln mit der terroristischen Organisation MKO).

Vergleichbare Artikel auf anderen Seiten:
1. Iranische Studentenorganisation drängt bei der Justiz auf Freilassung von Zeidabadi
2. Iranian reformist politician, Tajzadeh released

Dienstag, 9. März 2010

Frauen und die grüne Bewegung

Nachträglich beglückwünsche ich alle Frauen und auch Männer, die sich für Frauenrechte einsetzen oder sich für den internationalen Frauentag interessieren. Es ist ein passender Anlass, die wichtige Rolle der Frauen für die grüne Bewegung zu erwähnen.

Seit Beginn der grünen Bewegung haben Frauen eine große Rolle in ihr gespielt. Die Kandidaten Mousavi und Karroubi traten bei Wahlreden mit ihren Frauen auf. Mousavi war sogar der erste iranische Politiker, der die Hand seiner Frau in seinen Hände hielt. Iraner, vor allem Jugendliche, waren davon begeistert, dass ein iranischer Politiker somit seine Liebe öffentlich zeigt. Denn sie selbst würden auch gerne problemlos zusammen auf den Straßen laufen dürfen. Für die ausländischen Medien war es nach den Wahlen etwas neues, dass bei einer Großdemonstration die Mehrheit aus Frauen besteht. Für einen Iraner dürfte es nichts neues sein. Es gab auch in den Jahren zuvor Demonstrationen, die von Frauen organisiert wurden. Solche Demonstrationen wurden auch von Männern unterstützt. Das ist nachvollziehbar: kein normal denkender Mann mag es zu sehen, dass seine Mutter, Schwester, Ehefrau oder Tochter unterdrückt wird. Deswegen ist das Thema vieler iranischer Filme die "Gleichberechtigung". Solche Filme werden auch oft von Männern gedreht. Filme wie Offside oder Der Kreis, dessen Regisseur Jafar Panahi vor wenigen Tagen verhaftet wurde.

Nicht nur auf Demonstrationen der grünen Bewegung spielen Frauen eine große Rolle. Sie besetzen auch viele ihrer Schlüsselrollen: sie sind Anwältinnen, Künstlerinnen, Politikerinnen, Studentinnen oder Professorinnen. Im Folgenden stelle ich Ihnen drei Frauen vor, die zum Teil in den anderen Artikeln bereits vorgestellt wurden.

1. Shirin Ebadi, Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin

Sie ist eine Heldin. Die frühere Richterin kümmert sich um Kinder und politische Gefangene. Sie vertritt ihre Mandaten kostenlos und riskiert ihr Leben. Bei der Nobelpreisverleihung trag sie kein Kopftuch. Sie meinte, sie habe keine offizielle Stelle. Deshalb trage sie kein Kopftuch. Im Iran sind die Frauen gezwungen ein Kopftuch zu tragen. Seitdem ist das Ziel der Hassreden von Zeitungen wie Kayhan dafür aber politisch immuner denn je.

2. Zahra Rahnavard, bekannt als grüne Dame Irans


Mousavis Ehefrau feierte den internationalen Frauentag mit Aktivistinnen der Frauenbewegung im Iran (siehe CNN-Bericht). Die Dozentin geht gerne in die Universitäten und spricht direkt mit den Studenten oder lässt sich von persischsprachigen Exil-Zeitungen interviewen, was Mousavi bis jetzt nicht getan hat. Sie ist so beliebt, dass viele Experten behaupten, dürfte sie kandidieren und würde sie gegen ihren Mann antreten, würde sie gewählt werden. Vielleicht ist es ihre Position, die es ihr erlaubt klarere Statements als ihr Mann abzugeben. Ganz egal: Zahra Rahnavard wurde zum dritten Denker von "The FP Top 100 Global Thinkers" gewählt. Sojemand wird im Iran geehrt.

3. Simin Behbahani, Dichterin

Ihr wurde gestern, am internationalen Frauen Tag, die Ausreise verboten (siehe BBC-Bericht). Sie ist das Paradebeispiel des Widerstands iranischer Frauen gegen das Kopftuch: wenn sie einer Zeitung ein Interview gibt, schickt sie nur Fotos ohne Kopftuch, sodass die Zeitung keine andere Wahl hat, als ein solches Foto von ihr abzudrucken. Sie ist eine der prominentesten iranischen Dichter.

Dienstag, 2. März 2010

Der Staat und die Wohnheime


Jeder Iraner weiß: nicht nur das jetzige Regime Irans schlägt seine Studenten nieder. Am 7. Dezember des Jahres 1953 töteten Regierungkräfte des Schahs drei Studenten. Seitdem ist dieser Tag der Studententag im iranischen Kalender. Damals protestierten die Studenten gegen den Staatsbesuch des amerikanischen Vize-Präsidenten Richard Nixon.

Vor zehn Jahren
Vor allem das Wohnheim der Teheran-Universität war oft Schauplatz der Studentenunterdrückung und Gewalt. Vor zehn Jahren wurde das Wohnheim nachts gestürmt, weil die Studenten sich wegen des Schließens einer Zeitung, die den damaligen Präsidenten Khatami unterstütze, versammelten. Die Hauptstadt war unruhig, die Zeitungen, die von den Unruhen berichteten, verkauften sich gut. Obwohl die Unruhen sehr klein waren, hoffte man auf eine Änderung. Den Studenten wurde von der Regierung viel versprochen, damit sie mit ihren Protesten aufhörten. So kam es zu Gerichtsverhandlungen. Am Ende der Gerichtsverhandlungen bekam nur der Anwalt der Studenten eine lange Haftstrafe. Von den Attackierenden bekam nur einer eine Haftstrafe: für das Klauen einer Rasiermaschine! Daraufhin verlangten die Studenten ein Treffen mit Präsident Khatami. Als er dies ablehnte, fing der Zweifel an den Reformisten an. Manche meinten, die Islamische Republik sei nicht reformfähig, die anderen meinten, Khatami sei ein Philosoph und kein Politiker.   

Vor acht Monaten
Nach den Präsidentschaftswahlen war das Wohnheim der Teheran-Universität wieder einmal Szene der Gewalt (siehe Artikel: Angriff auf Studenten). Iranische Studentenwebseiten wie Amir-Kabir berichteten von einem Angriff von Ansar-e-Hezbollah (siehe Kommentar von Publicola zum oben erwähnten Artikel), die später von der Polizei unterstützt wurde.

Warum hat das Regime solch eine Angst vor den Studenten der Wohnheime?
Die Unterdrückung der Studenten im Iran hat die Studenten noch nie zum Schweigen bringen können. Weder in der Schah-Zeit, noch vor zehn Jahren. Studenten wurden durch solche Aktionen lauter und radikaler. Unpolitische Studenten wurden politisch. 

Studenten im Iran, die in den Wohnheimen leben, sind normalerweise von ärmeren Familien, die sich keine Wohnungen und Häuser mit ihren Freunden leisten können. Mehrere Studenten teilen sich ein Zimmer; sie kennen also die Probleme des Landes gut. Außerdem sind solche Studenten besonders intelligent. Jeder Iraner weiß, wie schwierig es ist, an Universitäten Teherans teilnehmen zu dürfen. Es gibt einen Test, an dem zehntausende teilnehmen. Nur die besten Hundert haben eine Chance sich an Teherans Universitäten einzuschreiben, es sei denn, man ist Bassij-Mitglied. Die Studenten der Teheran-Universität kennen also nicht nur die Probleme, sie verstehen auch die Gründe der Probleme. Und Wohnheime sind eine guter Platz für Meinungsaustausch. Zudem sind iranische Studenten politisch gesehen sehr wichtig (siehe erster Paragraph vom Artikel "Zeidabadi und seine Familie").

Wiederholter Fehler: Snobs, die arm sind

Es heißt, die Sepah rechnete mit kleinen Protesten der Wähler nach der Wahlfälschung. Manche Aussagen der Sepah-Mitglieder bestätigen dies. Ihre Theorie war, Mousavi und Karroubis Wähler seien hauptsächlich Snobs. Schläge man sie einmal mit Schlagstöcken, würden sie zurück in ihre Häuser gehen. So eine Ansicht über die Studenten des Wohnheims zu haben zeigt, wie wenig die Sepah die Gesellschaft kennt.