Montag, 11. Januar 2010

Schlagzeilen der Woche (#6)

 

"Animal Farm" von Nikahang Kowsar (s.u.)
1. Irans neuer Justizchef, Sadegh Larijani, sagte: "Richter müssen politisch sein"! Mehr dazu auf Julia's Blog.

2. Fünf im Exil lebende iranische Intellektuelle haben in einem Statement den Rücktritt Ahmadinedjads und Neuwahlen gefordert. Sie nennen aber auch die minimale Forderungen der grünen Bewegung aus ihrer Sicht. Mehr dazu ebenfalls auf Julia's Blog.

3. Mortazavi, Teherans früherer Staatsanwalt, ist jetzt auch vom iranischen Parlament für die "Folter und den Tod von Protestdemonstranten gegen die Wahl im berüchtigten Gefängnis Kahrizak für verantwortlich befunden worden. Es wird gesagt, Mortazavi wisse zu viel und habe einen schlechten Namen und solle deshalb geopfert werden." Mehr und noch mehr dazu natürlich auf Julia's Blog.

4. Hosseinian (Foto links), ein hardliner-konservativer Parlamentsabgeordneter, reichte seinen Rücktritt ein. Er schreibt in dem Brief unter anderem, dass er hoffnungslos geworden ist, weil er nicht mehr die islamische Republik beschützen könne, dies heiße aber nicht, dass die anderen es auch nicht können. Hosseinian forderte übrigens den Staat neulich auf, die Frist zwischen Todesurteil und Todesstrafe auf fünf Tage zu verkürzen. Ein anderer konservativer Parlamentsabgeordeneter, Motahari, sagte ironischerweise dazu: "Herr Hosseinian hat eine Vorliebe für die Todesstrafe. Als er Richter war, hat er dies bereits bewiesen."
Sein Brief ist wie ein Beleg für einen weiteren kleinen Sieg der grünen Bewegung. Mehr dazu auf Julia's Blog.

5. Der Freitagsprediger von Mashhad bezeichnete die Demonstranten der grünen Bewegung als Ziegen. Die Schafe der "Herrschaft des obersten Rechtsgelehrten" (Karikaturen oben) werden mit Saft bedient und tragen das Foto eines Esels.

Fußnote:
"Schlagzeilen der Woche" erscheinen nur bei größerer Anzahl der für die grüne Bewegung wichtigen Ereignisse. Ich versuche damit, dass der Leser den Überblick über solche Ereignisse nicht verliert. Sie beinhalten natürlich nicht alle wichtigen Ereignisse.

2 Kommentare:

  1. ad »5. Der Freitagsprediger von Mashhad«



    EINE TRAGÖDIE
    ODER
    ANSCHWELLENDER BOCKSGESANG


    »Ohne Namen zu nennen, verweist Moussavi auf die am Mittwoch bei der Kundgebung für die Regierung von Mashhads Freitagsgebetsleiter Ahmad Alamolhoda gehaltene Rede hin. Er schreibt:
    „Die Mehrheit der Gesellschaft als Haufen unwichtiger Kühe und Ziegen zu bezeichnen und sie Schmutz und Stroh zu nennen, und die Ermordung von Menschen, die Imam Hosseins Ermordung betrauern, als Mobah (religiös erlaubt) zu klassifizieren – das ist ein Desaster, für das eine bekannte Gruppe und die staatliche Rundfunk- und Fernsehsender verantwortlich sind“.
    Er warnte, die Reden bei der Kundgebung vom Mittwoch hätten Aufforderungen zu Bürgerkrieg und Rebellion enthalten.«
    • Quelle: „Konservative reagieren auf Moussavis Statement“, 4. Januar 2010, Julia’s Blog [ursprünglich veröffentlicht auf Rooz Online am 4. Januar 2010]
    http://englishtogerman.wordpress.com/2010/01/04/konservative-reagieren-auf-moussavis-statement/


    »Das Wort „Tragödie“ entstammt dem Theater der griechischen Antike und bezeichnet einen „Bocksgesang“ bzw. „Gesang um den Bockspreis“ griech. τραγωδία, tragodía. […] Aristoteles [schrieb] in seiner Poetik [altgriechisch "ποιητική [τέχνη]" – die schaffende, dichtende [Kunst]) ist ein wohl um 335 v. Chr. verfasstes Buch des Aristoteles über die Dichtkunst] der Tragödie psychologische Wirkungsmacht zu: Die Zuschauer sollten in der Aufführung Mitleid (eleos / ἔλεος) und Furcht (phobos / φόβος) für den Helden empfinden […]«
    • Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Trag%C3%B6die


    Man hofft,
    dass die Empfindungen des Mitleids und der Furcht,
    die man für den Helden, das iranische Volk,
    bei seinem dramatischen unermüdlichen Streben nach
    Demokratie (δημοκρατία, von δῆμος [dēmos], „Volk“, und κρατία [kratía], „Herrschaft“),
    empfindet,
    in einer aristotelischen Katharsis (κάθαρσις), d.h. Reinigung und Befreiung von diesen beiden Gefühlen, erfolgen kann,
    indem diese „grüne“ Bewegung für ein Mehr an Demokratie unbeirrt und geduldig Kurs hält.



    Für das Volk gilt vermutlich der Satz »Die Tragödie gab ein Maß zum Erfahren des Unheils wie auch dazu, es ertragen zu lernen. Sie schloß die Möglichkeit aus, es zu leugnen, es zu politisieren oder gesellschaftlich zu entsorgen. Denn es ist Unheil wie eh und je.«

    Für die Hassprediger offensichtlich heißt es jedoch »Was muß ein Mensch auf sich nehmen, um weise zu werden! Was darf er alles außer Acht lassen, um seinen Zorn zu konservieren!«

    • Beide Zitate aus dem Essay „Anschwellender Bocksgesang“ von Botho Strauss (Dramatiker) 1993 [veröffentlich in DER SPIEGEL 6/1993]

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  2. [verbesserte Formatierung - Pardon]


    ad »5. Der Freitagsprediger von Mashhad«


    EINE TRAGÖDIE
    ODER
    ANSCHWELLENDER BOCKSGESANG

    »Ohne Namen zu nennen, verweist Moussavi auf die am Mittwoch bei der Kundgebung für die Regierung von Mashhads Freitagsgebetsleiter Ahmad Alamolhoda gehaltene Rede hin. Er schreibt:
    „Die Mehrheit der Gesellschaft als Haufen unwichtiger Kühe und Ziegen zu bezeichnen und sie Schmutz und Stroh zu nennen, und die Ermordung von Menschen, die Imam Hosseins Ermordung betrauern, als Mobah (religiös erlaubt) zu klassifizieren
    – das ist ein Desaster, für das eine bekannte Gruppe und die staatliche Rundfunk- und Fernsehsender verantwortlich sind“.
    Er warnte, die Reden bei der Kundgebung vom Mittwoch hätten Aufforderungen zu Bürgerkrieg und Rebellion enthalten.«
    • Quelle: „Konservative reagieren auf Moussavis Statement“, 4. Januar 2010, Julia’s Blog [ursprünglich veröffentlicht auf Rooz Online am 4. Januar 2010]
    http://englishtogerman.wordpress.com/2010/01/04/konservative-reagieren-auf-moussavis-statement/


    »Das Wort „Tragödie“ entstammt dem Theater der griechischen Antike und bezeichnet einen „Bocksgesang“ bzw. „Gesang um den Bockspreis“ griech. τραγωδία, tragodía. […]
    Aristoteles [schrieb] in seiner Poetik*) der Tragödie psychologische Wirkungsmacht zu:
    Die Zuschauer sollten in der Aufführung Mitleid (eleos / ἔλεος) und Furcht (phobos / φόβος) für den Helden empfinden […]«

    *) altgriechisch "ποιητική [τέχνη]" – die schaffende, dichtende [Kunst]
    ist ein wohl um 335 v. Chr. verfasstes Buch des Aristoteles über die Dichtkunst
    • Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Trag%C3%B6die


    Man hofft,
    dass die Empfindungen des Mitleids und der Furcht,
    die man für den Helden, das iranische Volk,
    bei seinem dramatischen, unermüdlichen Streben nach
    Demokratie (δημοκρατία, von δῆμος [dēmos], „Volk“, und κρατία [kratía], „Herrschaft“),
    empfindet,
    in einer aristotelischen Katharsis (κάθαρσις), d.h. Reinigung und Befreiung von diesen beiden Gefühlen,
    erfolgen kann,
    indem diese „grüne“ Bewegung für ein Mehr an Demokratie unbeirrt und geduldig Kurs hält.


    Für das Volk gilt vermutlich der Satz »Die Tragödie gab ein Maß zum Erfahren des Unheils wie auch dazu, es ertragen zu lernen. Sie schloß die Möglichkeit aus, es zu leugnen, es zu politisieren oder gesellschaftlich zu entsorgen. Denn es ist Unheil wie eh und je.«

    Für die Hassprediger offensichtlich heißt es »Was muß ein Mensch auf sich nehmen, um weise zu werden ! Was darf er alles außer Acht lassen, um seinen Zorn zu konservieren !«

    • Beide Zitate aus dem Essay „Anschwellender Bocksgesang“ von Botho Strauss (Dramatiker) 1993 [veröffentlich in DER SPIEGEL 6/1993]

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