Mittwoch, 13. Juli 2011

Iranisches Kulturerbe in Gefahr? (mit einer Buchempfehlung)


 Jugendliche aus Yasuj bilden eine Kette um die 
Statue von Aryobarzan, um sie zu beschützen

Kultur - seit etwa zwei Jahren verschwinden verschiedene Statuen aus den Städten Irans. Der Höhepunkt dieses Kulturskandals wurde im Mai 2010 erreicht, als alleine in Teheran 13 Statuen verschwanden, wie diese zwei:


  "Leben"

Dr. Moein, Herausgeber eines persischen Wörterbuchs

In den letzten Monaten aber attackierten einige Freitagsprediger aus Teheran, darunter Elm-ol-Hoda von Mashhad und Khatami (nicht zu verwechseln mit dem Ex-Präsidenten), die "iranische Schule". Diese Attacken sind auch politisch motiviert, um auf Ahmadinedjads Stabschef Maschaiee zu zielen, der die "iranische Schule" für wichtiger als "islamische Schule" bezeichnete; ein gescheiterter Versuch, Irans unreligiöse Jugend für Ahmadinedjad zu gewinnen.

Früher auf diesem Blog schrieb ich, dass manche Machthaber der islamischen Republik schon immer Probleme mit den vor-islamischen iranischen Traditionen hatten und haben, z.B. im Artikel über Charshnabesuri. Diese Machthaber haben natürlich auch Probleme mit der Dichtung und Literatur, nicht nur mit modernen Dichtern wie Ahmad Shamlou.

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Schāhnāme ist das Nationalepos der persischsprachigen Welt. Es erzählt die mythische und historische Vergangenheit Irans. Die Geschichte fängt mit der Kreation des Menschen an und endet mit der islamischen Eroberung Irans im siebten Jahrhundert.

  Ferdowsi, Autor von Schāhnāme

In Mashad wurden neulich die Wandmalereien der "Geschichten von Schāhnāme" über Nacht entfernt. An die Wänden schrieb man: "dieses Gebiet ist eine Stiftung von Hazrat-e-Reza". Hazrat-e-Reza ist der achte Nachfolger des Propheten Mohammad im schiitischen Glauben. Die Botschaft war eindeutig: in der Stadt Mashhad darf man nicht für Ferdowsi Werbung machen, der Islam steht im Vordergrund. Auf meinem englischsprachigen Blog kann man sich die alten Fotos der Wandgemälde anschauen.

Ein anderes Beispiel ist die Statue von Aryobarzan. Der Staatsanwalt der Stadt Yasuj sagte, dass diese Statue aus der Öffentlichkeit verschwinden soll, weil Aryobarzan gegen Velayat-e-Faghih, d.h. das Prinzip der Herrschaft des obersten Rechtsgelehrten, war. Aryobarzan war aber ein iranischer Satrap, der im Jahr 331 v.Chr. in einer Schlacht gegen Alexander den Großen starb, d.h. in einer vorislamischen Zeit. Wie er gegen das Prinzip der Herrschaft des obersten Rechtsgelehrten gewesen sein konnte, obwohl dieses zu seiner Zeit nicht einmal definiert war, bleibt offen!

Die Mitglieder des Stadtrats von Yasuj vereinbarten, dass die Statue an seinem Ort bleiben soll, der Staatsanwalt beharrt aber auf deren Entfernung.

Yasuj 

Wie sehr ist Irans Kultur(erbe) in Gefahr?

Die Regierung im Iran entfernt zur Zeit die Geschichte der alt-persischen Könige aus den Schulbüchern (denkt der Leser gerade an "1984" von George Orwell?). Bahman Amouei, politischer Gefangener, ist wegen Veröffentlichung eines Gedichts aus Schāhnāme angeklagt worden. Das iranische Kulturerbe ist gefährdet. Das ist aber nichts Neues in der Geschichte Irans. Sowohl Alexander der Große in der Antike als auch die arabische Fremdherrschaft während der islamischen Eroberung Irans haben viel von Irans alter Kultur zerstört (z.B. Persepolis). Später kamen die Mongolen mit Dschingis Khan in den Iran und haben Bibliotheken verbrannt. Die iranische Kultur, trotz vieler Schäden, blieb aber erhalten. Unsere Vorfahren haben ihren Teil dazu beigetragen, dass diese Kultur bis heute erhalten blieb. Heute liegt es in unseren (damit meine ich den Iranern) Händen, dass diese Kultur weiter erhalten bleibt. Ich weiß von Müttern und Vätern, die ihren Kinder die Kurzfassungen von Schāhnāme kaufen, die Geschichten des Buches vereinfacht weiter erzählen und dieses Buch und die alte Geschichte Irans wieder lesen und erzählen. Ich habe anderen persischsprachigen Bloggern vorgeschlagen, wenn möglich, in jedem Artikel einen Vers aus einem persischen Gedicht zu rezitieren.

Eine alte Kultur kann man nicht so einfach löschen. 

Buchempfehlung

Haben Sie auch Lust eine Geschichte von Schāhnāme zu lesen? Ich selbst kenne natürlich nur die persische Version des Buchs. Ich habe mich aber informiert und habe mir sagen lassen, dass Rückerts Übersetzung dieses Buches gut gelungen sei. Ich empfehle Ihnen die Geschichte von Rostam und Sohrab mit der Übersetzung von Rückert (bei amazon.de bestellen).

Lass aus dem Königsbuch der Perser dir berichten,
von Rostam und Sohrab, die schönste der Geschichten
von Heldenruhm, wie leicht er Fraunlieb erwarb,
und wie der eigene Sohn, erlegt vom Vater, starb

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