Freitag, 28. September 2012

Die Angst der Ideologien und Religionen vor Lachen [Hubert Schleichert]

[Hubert Schleichert]

Ideologien aller Art, besonders auch Religionen, hassen das Lachen, weil sie wissen, wie gefährlich es ist. Wer über eine Sache lacht, hat keine Angst mehr vor ihr. Deshalb wird das Lachen oder selbst das Lächeln so rigoros verfolgt und bestraft. Im Heiligtum (und wenn darin ein atheistischer Diktator einbalsamiert ist) darf nicht gelacht werden, Lachen nimmt dem Heiligtum seinen Schauder. Ideologien verlangen für sich besonderen Respekt. Folglich muß, wer trotzdem den Mund verzieht, als respektloses Subjekt, als Lästerer empfunden werden. Jede Diktatur verfolgt den politischen Witz gnadenlos; und in religiösen Dikaturen ist die Verhöhnung der Religion ein kriminelles Delikt.

Der Haß der Ideologien auf das Lachen und die Angst davor sind universelle Phänomene, die sich, wie der Fanatismus, unablässig wiederholen. Das hat schon Nietzsche konstatiert:

Und immer wieder wird von Zeit zu Zeit das menschliche Geschlecht dekretieren: »Es gibt etwas, über das absolut nicht mehr gelacht werden darf.


Die Angst vor dem Lachen ist Angst vor dem Denken. Anstatt auf Befehl die Augen zu schließen und eine Doktrin gläubig hinzunehmen, wagt der Respektlose noch einen Blick mehr, eventuell einen Blick hinter die Kulissen. Er sieht wohlbekannte, gar nicht respektable Dinge, er fühlt sich an allerlei komische Dinge erinnert. Dabei sieht er die heiligen Kühe als gewöhnliches Rindvieh. Wer einmal über eine Ideologie, ein Dogma, ein scheinbar weltbewegendes Problem von Herzen gelacht hat, wird dabei nie mehr dieselben heiligen Schauer empfinden wie zuvor.
Wer am gründlichsten töten will, der lacht. Nicht durch Zorn, sondern durch Lachen tötet man
Aber es ist klar, das befreiende Lachen, diese Vorstufe zum endgültigen Desinteresse an einer Ideologie oder Religion, kann naturgemäß nur am Ende einer langen Entwicklung stehen. Einzelne Stadien oder Epochen einer solchen kritischen Entwicklung sollen im folgenden skizziert werden.

Quelle

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