Montag, 5. April 2010

Gegen Krieg, für Alternativen


Ich bin gegen einen Iran-Krieg. Die komplette iranische grüne Opposition ist ebenfalls gegen einen Krieg. Warum?


Einleitung 

Bisher habe ich mich zu diesem Thema nicht geäußert, weil ich dachte, das wäre selbstverständlich. Ich stellte aber fest, dass ich mich getäuscht hatte. Ich wurde von mehreren nicht-iranischen Freunden gefragt, ob Krieg eine gute Option für den Iran sei. Ein Freund war zum Beispiel der Meinung, die Videos aus meiner Heimat seien brutal, die Amerikaner sollten einmarschieren und uns retten! Ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Er ist schließlich ein sehr guter Freund von mir und meinte es gut. Ich habe nachgedacht und festgestellt, dass es für jemanden, der nie im Iran war oder sich mit dem Iran nicht sehr gut auskennt, nicht so selbstverständlich ist wie für einen Iraner, dass ein Krieg für den heutigen Iran keine gute Option sein kann.

Gegen Krieg

Meine Argumente gegen einen möglichen Krieg mögen (zum Teil) wiederholt und auf vielen Zeitungen bereits erwähnt worden sein. Bei diesem wichtigen Thema finde ich das allerdings nicht schlimm.

1. Jeder Krieg hat seine Opfer. Die Anzahl der Opfer wäre niemals vergleichbar mit der Anzahl der Opfer einer zivilen Bewegung. Aufgrund der militärischen Stärke (s. Wiki) des Iran sollten die Anzahl der Kriegsopfer viel höher sein, als die Anzahl der Kriegsopfer beim Irak- oder sogar Vietnam-Krieg. Die iranische grüne Bewegung ist eine friedliche Bewegung, weil sie, unter anderem, so wenige Todesopfer wie möglich haben will, weil für sie das Leben jedes Einzelnen wichtig ist.

2. Ein Krieg würde jede zivile Bewegung schwächen: die Bevölkerung hätte andere Sorgen, als auf die Straße zu gehen, oder Widerstand zu leisten: sie würde versuchen zu überleben. Menschenrechte und hohe Korruption in der Politik wären nicht mehr das Thema Nummer eins, sondern der Krieg. Deshalb sieht Sazgara, Mitglied des Washington Institute for Near East Policy und Anhänger der grünen Bewegung, den Krieg als "einzige Möglichkeit, wenn überhaupt, dass die grüne Bewegung nicht siegt".

3. Falls Sie sich schon länger mit dem Thema Iran beschäftigen, wissen Sie, dass viele Experten der Meinung sind, dass ein Krieg von Ahamadinedjad und seinen Leute erwünscht sein könnte. Ein Krieg würde ihre Arbeit bezüglich der Menschenrechtsverletzungen erleichtern.

4. Die Angst vor der iranischen Bombe rechtfertigt noch keinen Krieg, weil der Iran dazu noch viel Zeit bräuchte. Wahrscheinlich werden die USA versuchen, die Atomuhr Irans zu verlangsamen. Dabei werden sie weiterhin intensiv die grüne Bewegung und ihre Erfolge beobachten, was Obama in seinen Reden oft angesprochen hat.

Alternativen zum Krieg für die Weltgemeinschaft

1. Nichts machen: Wenn die Welt sich nicht einmischen würde, wäre es besser als etwas Falsches zu machen, zum Beispiel hinter den Kulissen mit der iranischen Regierung zu verhandeln: etwa der Regierung bei der Stabilisierung im Innen zu helfen, damit der Iran einen erwünschten Atomdeal unterschreibt. Klug wäre es definitiv nicht, sich auf eine Regierung zu verlassen, die ihre eigenen Regeln und Gesetze, zum Beispiel bei den Wahlen, vernachlässigt.

2. Politische Sanktionen: Bankkonten der hochrangigen Sepah-Mitglieder im Ausland einfrieren; europäischen Firmen verbieten, Niederschlagungs-, Abhör- und Zensur-Technologie an den Iran zu verkaufen.

3. Den Iranern im Iran helfen, die Zensur zu umgehen, damit die Demokratiebewegung im Iran schneller siegt. Oder wie The Guardian schreibt: "Bombardiere Iran mit Satelliten" (s.u. Art. 1).

Das Schlusswort
übernehme ich von Roger Cohen, New York Times (s.u. Art. 2):
"Negar does not want her country bombed. 'It would be a big, big mistake. All Iranians would unite in anger.'
Her own government stifled Negar’s voice. But the world must listen. It’s her country after all — and the ballot-counting Heydari’s."

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7 Kommentare:

  1. Natürlich bin ich auch gegen Krieg, aber die Grüne Bewegung wird sehr lange benötigen, um Erfolg zu haben. Ich weiss nicht, wie geduldig die Iraner sind!

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  2. nicht so geduldig, normaler Weise. Was ist aber die schnellste Lösung zur einer wirklichen Demokratisierung? Nicht ein Krieg, sind sich die Iraner trotz enormer Vielfalt der Denkweisen einig.

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  3. Werter Dust and Trash,

    Ihrem Text zum Thema Krieg stimme ich zu. Die Überlegung, ein gesellschaftliches Ziel - demokratische Reformen - per Angriff ausländischer Streitkräfte zu beschleunigen, ist verständlich aber irrig.

    Spürbarer gesellschaftlicher Wandel und nachweisbarer Wandel des Bewusstseins und der Bewertung dauert für gewöhnlich sehr, sehr lange.
    In den USA wurden in den 60er Jahre bei Bürgerrechtsdemonstrationen -Zig Leute umgebracht. Heute ist ein Farbiger Präsident.

    Auch in Deutschland, nach der Nazizeit und dem II. Weltkrieg nicht mehr mordlustig, dauerten gesellschaftliche Veränderungen sehr lange. 1999 fand die Wehrmachtsausstellung statt. Erst heutzutage sind die Verbrechen der Wehrmacht nicht mehr umstritten, d.h. 60 Jahre nach Ende des Weltkrieges/der Nazi-Zeit.


    Sicherlich ist es tragisch, dass in Iran dieser Prozess mit so vielen Zerstörungen von Biographien, Verhaftungen und Todesfällen verbunden ist.

    Ein militärisches Eingreifen würde sich unvorstellbar beträchtlich tragischer auswirken.

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  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  5. Ich stimme Ihnen völlig zu.

    Zur Information:
    Die Demokratiebewegung, bzw. die Bürgerrechtsdemonstrationen haben vor mehr als 100 Jahren im Iran begonnen: http://de.wikipedia.org/wiki/Konstitutionelle_Revolution_%28Iran%29

    Es gab nur kurzfristige Erfolgserlebnisse, immer wieder.

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  6. Werter Dust and Trash,

    Sie haben natürlich völlig recht; nun geht das Leben (das persönliche Leben und das Leben einer Nation) irgendwie auch hin und her; in Deutschland hat es mit einer kurzen Unterbrechung nach dem 1. Weltkrieg erst wieder infolge der Alliierten eine Demokratie nach 1945 gegeben, auch wenn es schon 1848 demokratische Bestrebungen gab, die unterdrückt wurden.

    Wer Ende der 60er Anfang der 70er Jahre politisch aktiv in Deutschland war, konnte durchaus - so meine [bittere] Erfahrung - von seinem studierten Berufsziel auf Dauer (z.B. von 10 Jahren) abgehalten werden, von Leuten, die - wie man dann später erfuhr - vorher Mitglied der SS waren.

    Vielen Dank für Ihren wichtigen Hinweis plus Link !

    [Entschuldigen Sie meine langatmige Digression]

    Drücke Ihnen und Ihrer Nation sämtliche verfügbaren Daumen !

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  7. Lieber Publicola,

    Für mich ist es höchst interessant was Sie schreiben. Ich danke Ihnen.

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