Freitag, 18. September 2009

Hunderttausende protestieren in vielen Städten (mit Videos)

Kaum Berichte in den deutschen Medien über die Proteste; Warum?

Heute fragten mich Freunde, ob denn nichts mehr passiere im Iran. Klar passiere etwas, war meine Antwort, zum Beispiel gerade heute. Es gab Proteste, nur wurden sie in den deutschen Medien nicht (groß) gezeigt. Auf den Webseiten von CNN und der New York Times waren die Demonstrationen mit hunderttausenden Menschen nämlich die erste Schlagzeile, bis zur jetzigen Stunde. Guardian.co.uk hat in einem Liveticker die Demonstrationen übertragen; mit Videos natürlich. Auf BBC steht die Nachricht ebenfalls ganz oben. Auf Zeit.de steht immer noch keine Nachricht darüber. Auf Spiegel.de ist die Nachricht ziemlich versteckt und erst spät angekommen. Ich weiß nicht warum. Das Interesse der Bevölkerung in Deutschland an den Nachrichten diesbezüglich ist sehr groß. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies an den guten wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder liegt. Dafür sind die Medien zu unabhängig, denke ich. Könnt ihr mir bitte helfen und meine Frage in den Kommentaren beantworten? Ich wäre sehr dankbar.

Proteste trotz Drohungen

Es gab viele Drohungen, damit die Menschen sich nicht trauen würden, auf die Straßen zu gehen. Ein Offizier des Pasdaran: "Diejenigen, die mit grünen Symbolen auf die Straßen gehen, werden hart bestraft". Trotzdem waren die Straßen der Städte voll. Hunderttausende sollen es gewesen sein. Ein BBC-Experte meint: "Dieses Mal sogar mit Kindern, als würden sie denken, sie haben nichts mehr zu verlieren. Das liegt am Verhalten des Regimes in den letzten Wochen.".

Weniger Gewalt

Zumindest gab es weniger Berichte über hartes Vorgehen des Regimes als bei den Protesten davor. Laut dem o.g. BBC-Experten lag es wahrscheinlich daran, dass die Pasdaran Angst hatten, ihre eigenen Familien aus Versehen zu töten, weil auch sie eventuell an den Demos teilnehmen würden. Das ist bei den alten Protesten passiert. So etwas schadet einer Regierung wie der von Ahmadinedjad enorm.

Ein anderer Experte meinte, es gebe einen zweiten Grund; die Regierung sehe langsam ein, dass die Opposition Recht hatte: "je mehr Gewalt, desto wütender die Menschen". Vielleicht sei die Regierung zur Vernunft gekommen. Die Situation sei wie ein Glücksspiel. Die Regierung müsse entscheiden was weniger schadet. Niederschlagen oder Kompromisse finden.

Es ist noch zu erwähnen, dass Karroubi angegriffen, aber von seinen Anhängern und Jugendlichen beschützt wurde. Auch Ex-Präsident Khatami wurde hart angegriffen, so dass sein Turban herunter fiel. Davon gibt es auch Photos.

Unstimmigkeit zwischen Bassijis

Es gab heute Streits zwischen Bassijis. Manche wollten hart attackieren, die anderen waren dagegen. Die friedliche grüne Bewegung scheint manche Ziele erreicht zu haben.

Slogans und Videos

Am Mikrofon sagt ein Bassiji "Tod für Israel" die Menge antwortet "Tod für Russland" (Teheran) Das liegt daran, dass behauptet wird, Irans Geheimdienst sei unter russischer Kontrolle und die iranischen Sicherheitskräfte seien in Russland ausgebildet worden. Außerdem ist Russland ein Verbündeter Ahmadinedjads. Es geht aber vor allem darum zu zeigen, dass sie sich nicht vorschreiben lassen, was man sagen darf oder kann.


Iran, Iran (Victory) (Teheran)
Wenn man keine grünen Symbole mitbringen will, kann man mit seinen Fingern ein V formen. Zum Beispiel zum Helikopter, in dem eventuell der Revolutionsführer ist.


Lügner, Lügner, Wo sind die 63% ... Tod der Diktatur ... Weder Gaza noch Libanon, ich sterbe für Iran (Teheran)


Leute unterstützen Karroubi (Teheran)




Diktator, Diktator, das ist die letzte Warnung, das iranische grüne Volk ist bereit für Revolution (Teheran)


Weder Gaza noch Libanon, Ich sterbe für Iran ... Geständnis und Folter haben keine Auswirkungen mehr (Isfahan)



Tod für China (Shiraz)




7 Kommentare:

  1. Es war nicht "marg bar deen" (Tod der Religion), sondern ein akustisch etwas verwaschenes "Marg bar Chine" (Tod China)....

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  2. danke Julia, ich werde es gleich korrigieren.

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  3. Meine Interpretation, warum die deutsche Presse nicht die grüngefärbten Protestanten mit der erwarteten Empörung gewürdigt hat:
    1. Ahmadis sorgfältig gesetzte Wiederholung der Holocaustleugnung hat genau das bewirkt, wozu sie gesetzt war (Ablenkung). So kam er in die Presse, nicht andere.
    2. Der Sumpf der Belege wird langsam unübersichtlich. Auf Videokanälen werden inzwischen zahlreiche monatealte Videos als "neu" ausgegeben, ebenso werden alte Fotos im neuen Zusammenhang gezeigt.
    Wer soll da noch erkennen, was neu ist und was untergejubelt?
    3. Ob grüne oder bunte Plakate: es war eine riesige, zusammenhängende Menschenmenge, die den al-quds-Tag beging. Ins Leben gerufen, um gegen Israel zu hetzen.
    Was schlicht und ergreifend einseitig und gewaltverherrlichend ist und in keiner Presse der Welt bedacht werden sollte.

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  4. Danke Markus für Ihren Kommentar,
    Ihre Interpretation ist sehr interessant. Meinen Sie aber nicht, dass diese Argumente auch für andere Länder gelten wurden?

    Zu Ihrem 2. Argument:
    Auf manchen Videos kann man die Qods-Videos wegen Plakate im Hintergrund oder Israel-Beschimpfungen am Mikrofon erkennen. Es gab auch Plakate von der grünen Bewegung die extra für diesen Tag gemacht wurden (Artikel Mutige Vorbereitungen für "Green Qods Day) Außerdem haben die Slogans der grünen Bewegung sich geändert und zum Teil an diesem Tag angepasst. So könnten wir zum Teil erkennen welche Videos neu waren.

    Zu 3.: Die Menge hat eben diese Hetze nicht mitgemacht, sogar sich dagegen gewährt. Denken Sie nicht auch?

    Vielen Dank noch einmal. Ihre aktive Teilnahme freut mich sehr.

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  5. Lieber iranisch-deutscher Bruder (sorry, dust&trash bekomme ich einfach nicht in die Tastatur ;-)
    nein, ich denke nicht, daß diese Argumente auch für andere Länder gelten würden. Vielleicht habe ich die Frage auch einfach falsch verstanden.
    zu 2. Ja, ich denke, Sie haben recht. In den Videos wird deutlich, um welches Datum es sich handeln muss.
    zu 3. nein, ich denke nicht. Die Menge ist mitmarschiert. Mousavi, Rafsanjani redeten von der Unterdrückung der Regierung und der Unterdrückung Israels in einem Atemzug. Auf den Fotos ist eine Menschenmenge erkennbar, die jeder für seine Zwecke nutzen kann und auch hat.
    Für mich und auch für andere bleibt es einfach ein sch...tag.

    Aber das ist für euch nicht wichtig. Ihr hattet eine super Vorbereitung und eine tolle Presenz. Vor euren eigenen Leuten. Das war doch das Ziel? Meinen herzlichsten Glückwunsch dazu.

    Übrigens habe ich mal nachgeschaut, es gab in der Tat Reaktionen in der deutschen Presse, die nicht mit der Überschrift "erneuten Holocaustleugnung" geworben haben, die seriösen davon hier aufgelistet:
    http://www.faz.net/: Zusammenstöße in Teheran am „Jerusalem-Tag“
    http://www.tagesschau.de/ Iran: Opposition nutzt Al-Quds-Tag für Proteste
    http://www.n-tv.de/: "Tod dem Diktator" : Al-Kuds-Tag in Iran
    http://www.heute.de/ :Zusammenstöße im Iran
    http://diepresse.com/: Zusammenstöße bei Protesten
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,649995,00.html

    viele Grüße

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  6. Hallo Markus,
    danke für die Auflistung.
    Mousavi war ja an dem Tag nur kurz da und musste früh nach hause. Er hat nicht reden können.

    Und natürlich ist es auch für uns wichtig. So etwas ist wichtig für die Zukunft der Bewegung. Rafsanjani hat wahrscheinlich die Seite gewechselt. Das ist zumindest meine Vermutung. Er hat gestern auf einer Reihe mit Ahmadinedjad hinter Revolutionsführer gebetet! Bei ihm weiß man aber nie genau. Von einer Rede von ihm habe ich auch nichts gehört.

    Aber allgemein meinte ich die grüne Menge, nicht die Regierungsanhänger und Beamten die gezwungen wurden mitzumachen. Die grüne Bewegung hat meines Wissens nach die Hetze nicht mitgemacht.

    Natürlich brauchen auch manche Menschen viel Aufklärung. Wenn man jahrelang nur das iranische Fernsehen gesehen hat, hat man eventuell ein anders Bild.

    Viele Grüße

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  7. Grüß Gott!
    Rafsanjani hat am Montag vor dem Qudstag einen Aufruf herausgegeben, der wurde z.B. bei PressTV veröffentlicht.
    Der Aufruf von Mousavi wird wohl in einem seiner Briefe zu finden sein. Beide distanzierten sich nicht von den Zielen, im Gegenteil. Ist ja auch verständlich, sie wollen und müssen ein Teil des Ganzen sein - es wäre ein gefundenes Fressen für die Justiz, wenn sie sich von den Zielen der Revolution distanzieren.

    Wir alle brauchen Aufklärung.

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