Samstag, 29. Mai 2010

Auszug aus dem letzten Statement Majid Tavakolis aus dem Evin-Gefängnis; Julias Blog

Vorbemerkung von Negar Irani:

Ich habe beschlossen, einen Auszug aus dem letzten von Majid Tavakoli im Evin-Gefängnis verfassten Statement zu übersetzen, das bei Daneshjoo News veröffentlicht wurde. Es handelt sich um das Statement, das zu Majid Tavakolis Verlegung in Einzelhaft und zu seinem Hungerstreik führte, durch den sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechterte.

So viele Iraner im Ausland beklagen sich oft darüber, dass die Oppositionsführer nicht genug tun, dass sie nur reden und nicht handeln. Dass sie keinen Plan haben. Auch wenn diese Äußerungen in guter Absicht erfolgen, glaube ich, dass die, die sie machen, kein wirkliches Verständnis der gegenwärtigen Bedingungen im Iran haben. Majid Tavakoli ist erst 24 Jahre alt, aber er weiß, was es bedeutet, im Iran aufzustehen und seine Meinung zu sagen. Er wurde bei vielen Anlässen verhaftet. Er muss im Gefängnis bleiben, weil er am 16. Azar [dem iranischen Tag der Studenten] vor der Amir-Kabir-Universität für uns alle gesprochen hat.

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Donnerstag, 27. Mai 2010

Schlagzeilen der Woche

Jafar Panahi wieder frei

Der Filmmacher Jafar Panahi ist seit Dienstag wieder frei. Eine Woche lang war er im Hungerstreik, bis er vom Evin-Gefängnis freigelassen wurde. Er hatte drei Bedingungen, um mit dem Hungerstreik aufzuhören:

1. Kontakt und Besuch seiner Familie bis zur Sicherstellung ihrer Gesundheit
2. Treffen mit seinem Anwalt nach 77 Tagen
3. Seine sofortige Freilassung bis zum endgültigen Urteil eines Gerichts 

Seine erste zwei Bedingungen wurden am letzten Donnerstag erfüllt. Panahi hörte mit seinem trockenen Hungerstreik aber nicht auf, bis auch seine dritte Bedingung erfüllt wurde.

Jafar Panahi nach Entlassung

Majid Tavakolli, nicht mehr sprechfähig

Der mittlerweile bekannte Student Majid Tavakolli ist im Hungerstreik und kann nicht mehr sprechen. Seine Mutter war aus Solidarität mit seinem Sohn ebenfalls im Hungerstreik. Heute hörte sie glücklicher Weise damit auf, nachdem Majids Freunde und andere Anhänger der grünen Bewegung sie per Telefon darum gebeten hatten. In einer von Blogs, Facebook und Twitter gestarteten Aktion verteilten die Anhänger der grünen Bewegung die Telefonnummer von Majids Familie und zeigten sich mit ihr und Majid solidarisch. 

Regierung zeigt Härte gegen Studentinnen mit knapper Kopfbedeckung

An mehreren Universitäten Irans, beispielsweise in Teheran und Ahvaz, ging die Sittenpolizei gegen Studentinnen mit knapper Kopfbedeckung vor und ließ sie nicht das Universitätsgelände betreten. Manche Bloggerinnen erzählten außerdem über ihre eigenen kurzen Verhaftungen oder Anweisungen der Sittenpolizei wegen ihrer engen Hosen, kurzen Mäntel oder geringen Kopfbedeckung. Die Aktionen sollten laut Kritikern  Präsenz und Macht des Staates kurz vor den geplanten 12. Juni Protesten demonstrieren.

Fußnote:
"Schlagzeilen der Woche" erscheinen nur bei größerer Anzahl der für die grüne Bewegung wichtigen Ereignisse. Ich versuche damit, dass der Leser den Überblick über solche Ereignisse nicht verliert. Sie beinhalten natürlich nicht alle wichtigen Ereignisse.

Vergleichbare Artikel:
Cannes Filmfestival ohne Panahi
Julias Blog: Aktion für MAJID TAVAKOLI: Iranischer Studentenführer nach Verlegung in Einzelhaft im Hungerstreik
Julias Blog: Bekannter iranischer Filmemacher Panahi gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen
Julias Blog: Hossein Ronaghi-Maleki nach Hungerstreik in Einzelhaft
Julias Blog: Wachsende Sorge um Majid Tavakolis Gesundheit | Hungerstreik geht weiter, Unterstützer schließen sich an
Julias Blog: Majid Tavakolis Mutter befindet sich im Hungerstreik



Samstag, 22. Mai 2010

Mousavi und die Möglichkeit der Verhaftung

Betrachten wir ein paar Fakten:

1. 175 Parlamentsabgeordnete verlangten letzte Woche in einem Brief an den iranischen Justizchef Sadegh Larijani eine gerichtliche Verfolgung der "Führer des Aufruhrs"; so nennen die Hardliner Mousavi, Karroubi und den Ex-Präsidenten Khatami.

2. Zuerst wurde der Leiter von Mousavis Leibwächtern verhaftet. Mousavi rechnete mindestens mit einem Hausarrest.

3. Die iranischen Behörden dementierten die Nachricht der Verhaftung. Diese Nachrichtenagenturen haben bisher öfter falsche Nachrichten verbreitet und sind deshalb nicht glaubwürdig.

4. Sadegh Larijani reagierte auf den Brief der Parlamentsabgeordneten: "Wir wissen was wir zu tun haben", "Wie können Sie von der Spitze des Justizsystems [Larijani selbst], die vom Revolutionsführer in diese Position bestellt wird erwarten, dass sie [Larijani selbst] gegen die Meinung des Revolutionsführers zu handeln?"

Bisher wusste man zwar, dass Chamenei sich gegen die Verhaftung von Mousavi und Karroubi entschied, offiziell wurde dies aber von keinem hochrangigen Politiker bestätigt.

5. Reaktionen auf die Nachricht der möglichen Verhaftung waren groß. Twitter, Facebook (insbesondere Mousavis Fan-Seite), Telefon und Blogs waren die Mittel zur Verbreitung der Nachricht. Auf Mousavis Facebook-Seite stand, wie immer, wenn die Wahrscheinlich einer Verhaftung Mousavis groß wird: "falls einer der Oppositionsführer verhaftet wird: von Enghelab bis Azadi", übersetzt: "von Revolution bis Freiheit". Sehr zweideutig: gemeint ist eigentlich von Revolutionsplatz bis Freiheitsplatz zu marschieren.

Möglicherweise wollte die Regierung genau diese Reaktionen noch einmal betrachten, um die Situation besser einzuschätzen. Die Regierung hat große Angst vor dem Jahrestag der Wahlmanipulationen am 12. Juni. Vom 12. bis zum 15. Juni sind große Demonstrationen geplant, und danach der Jahrestag der ersten Todesopfer der grünen Bewegung wie Neda. Ich schreibe in diesem Blog selten Vorhersagen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die Juni-Demonstrationen groß sein werden. Darüber werde ich noch berichten.

Montag, 17. Mai 2010

Breaking News: Leiter von Mousavis Leibwächtern verhaftet

Ahmad Yazdanfar, Leiter von Mousavis Leibwächtern, ist heute Nacht verhaftet worden.

Quelle: Kaleme, nächste Webseite zu Mousavi (Mousavi hat momentan keine offizielle Webseite).

Shajarian und die Trennung von Staat und Religion



Jeder Iraner kennt ihn, jeder Iraner liebt ihn: Mohammad Reza Shajarian, Osatd (Meister) Shajarian. Er ist ein Sänger und Komponist von traditioneller Musik, der unvorstellbar beliebt ist. So beliebt, dass er sich leisten konnte, dem iranischen Fernsehen zu verbieten, seine Stimme auszusenden, ohne dafür büßen zu müssen. Jemand, der nach den Wahlen in einem Interview mit VoA (Voice of America) offen sagen konnte, dass er ein Gegner Ahmadinedjads sei, ein Dust and Trash (Abfall und Staub), wie das Volk.

Nun sagte er in einem neuen Interview, dass alle Iraner für die Trennung des Staats und der Kirche seien. "Seit dreißig Jahren ist die Religion mit der Politik gemischt worden. Das hatte ein sehr schlechtes Ergebnis". Außerdem sagte er, dass er keine Angst vor einer Verhaftung habe. Traut sich das Regime, ihn zu verhaften? Ich kann es mir kaum vorstellen.

Donnerstag, 13. Mai 2010

Cannes Film Festival ohne Panahi

Jafar Panahis Freier Platz beim Cannes Filmfestival (Foto von AFP)

Das Cannes Film Festival hat gestern offiziell begonnen. Jafar Panahi, Regisseur, sollte eigentlich in der Jury sitzen. Er sitzt aber momentan im Gefängnis.

In einem Antrag verlangten zuvor mehre prominente Persönlichkeiten wie Robert De Niro, Steven Spielberg, Oliver Stone, James Schamus, Francis Ford Coppola, Joel und Ethan Coen und Michel Moore die Freilassung des renommierten iranischen Regisseurs Jafar Panahi.

Panahi ist ein offizieller Unterstützer der grünen Bewegung, wie man in diesem Video, aufgenommen in Montreal, sieht:



Vergleichbare Artikel:
Spiegel: Französische Regierung fordert Freilassung von iranischem Jury-Mitglied

Kurdistan im Generalstreik

 Ein Basar ist geschlossen (Quelle: rhairan)

Am Sonntag wurden fünf Menschen im Iran hingerichtet, vier von ihnen waren Kurden. Einige kurdische Organisationen haben die Menschen in den Kurdengebieten Irans dazu aufgerufen heute, am Donnerstag, zu streiken.

Videos und Fotos werden momentan aus Kurdistan ins Netz gestellt; sie zeigen, dass die Streiks sehr erfolgreich gelaufen sind: alles ist geschlossen.












Mehr Fotos: 
http://www.rhairan.biz/archives/12269
http://www.rhairan.biz/archives/12288

Vergleichbare Artikel:
Dieses Blog: Hinrichtungen am Muttertag
Julias Blog: Moussavi und Rahnavard verurteilen Hinrichtungen; Behörden verweigern Herausgabe der Leichname
Julias Blog: Karroubi bedauert die unberechtigten Hinrichtungen

Montag, 10. Mai 2010

Proteste an Shahid Beheshti Universität

Wieder besuchte Ahmadinedjad unangekündigt eine Universität in Teheran. Wieder wurde er mit Protesten begrüßt: "Diktator, Diktator, verlass die Universität". Mit anderen Slogans unterstützten die Studenten Mousavi und Karroubi. Bassij Milizen versuchten mit Gewalt, die Demonstranten zu stoppen, wie dieses Video zeigt:

In dem obigen Video rufen die Demonstranten: "Schmutziger Bassiji, Blutfeind des Volkes", nachdem die Bassijis mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgingen.

Vergleichbare Artikel: 

Hinrichtungen am Muttertag


Gestern hat die Regierung im Iran fünf Menschen getötet. Mindestens vier von ihnen waren Kurden.

Laut staatlicher Nachrichtenagenturen wie Fars-News oder Irna waren sie Bombenläger, Terroristen. Laut anderen iranischen Blogs und auch Webseiten von Menschenrechtsaktivisten sind die Verfahren unfair abgelaufen. Drei von ihnen durften sich laut der Webseite hra-iran (Human Rights Activists) nur sechs Minuten lang verteidigen! 

Farzad Kamangar (Foto: mittig) wurde laut seines Anwalts ohne Beweismaterial zum Tode verurteilt.

Farzad Kamangar war Lehrer. Sein Bruder, Mehrdad, erklärte gestern, dass weder seine Familie noch sein Anwalt über die Hinrichtungun benachrichtigt wurden. Mehrdad sagte der Webseite Jaras darüber: "Seit einer Stunde benachrichtigen uns alle aus Teheran und wir wissen nicht wo unser Farzad ist. Er lebt oder er ist hingerichtet, oder ich weiß nicht was in diesem Land los ist, wo das Gesetz ist."

Gestern war Muttertag. 

Mehrdad erklärte Jaras, dass er nicht den Mut habe, seine Mutter über die Hinrichtung zu benachrichtigen. Er erklärte außerdem Radio Farda, dass der Revolutionsführer Chamenei für den Tod seines Bruders verantwortlich sei.  

Ali Heidarian (Foto: oben links), Farhad Vakili  (Foto: unten rechts) und Shirin Alam-Holi (Foto: oben rechts) waren anscheinend kurdische Aktivisten. Über Mehdi Eslamians (Foto: unten links) Aktivitäten konnte ich nichts finden. Ich weiß nur (Quelle: ebenfalls hra-iran), dass er zu Tode verurteilt wurde, weil er angeblich seinem Bruder, der wegen eines Anschlags in Shiraz hingerichtet wurde, Geld brachte! Umgerechnet zweihundert Euro!

Warum soll aber die Regierung im Iran so grundlos Menschen töten? Ich weiß es nicht. Die Menschenrechtsaktivisten der Webseite hra-iran zumindest behaupten, dass der einzige Grund für die Hinrichtungen sei, Gewalt in der Gesellschaft vor dem Jahrestag der Wahlmanipulationen zu verbreiten.


Video von Soheil Tavakoli: "Die Fünf"

Vergleichbare Artikel: 
Julias Blog: Öffentliche Trauer und Proteste in kurdischen Gebieten
Julias Blog: Iran lässt fünf Menschen hängen, darunter einen Lehrer
Julias Blog: Farzad Kamangar 
Enduring America: Iran: Farzad Kamangar’s Last Letter “Is It Possible to Teach and Be Silent?” 
United for Iran: 4 Kurdish Activists, Prisoner of Conscience Executed
Street Journalist: FARZAD KAMANGAR and 4 Other political prisoners EXECUTED!

Samstag, 8. Mai 2010

Hamid Dabashi interviews Dr. Cornel West (Englisch + pers. Untertitel)

In the 22nd episode of The Week in Green, Princeton professor and longtime civil rights advocate Cornel West discusses the lessons Green Movement activists can take from the American Civil Rights Movement, as well as the strategies he thinks its supporters should adopt in the year ahead.



Week In Green with Hamid Dabashi - All News

Sonntag, 2. Mai 2010

Ahmadinedjads spontaner Besuch

Als Präsident Obama dieses Jahr Afghanistan besuchte, fragte Ahmadinedjad, warum Obama dies unangekündigt tat. Gestern, am ersten Mai, besuchte Ahamdinedjad unangekündigt die Teheran-Universität. Der Grund für die Spontanität seines Besuches ist klar: Ahmadinedjads geringes Ansehen unter den Studenten ist allen bewusst, sein Besuch sollte zu keiner wiederholten Demütigung für ihn werden. Bereits bei seinem letzten Besuch wurden seine Fotos verbrannt.

Trotzdem organisierten Studenten kurz vor seinem Besuch eine spontane Demo von etwa tausend bis zweitausend Protestierenden. Parolen wie "Student, Arbeiter, Einheit, Einheit"; "Diktator, schäme dich, verlasse die Universität" und "Tod der Diktatur / dem Diktator" wurden gerufen.





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Julias Blog: Peinlicher Empfang für Ahmadinejad in der Teheran-Universität  
Radio Zamaaneh: Ahmadinejad's presence at Tehran University provokes protests

Berichte vom 1. Mai aus dem Iran

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