Dienstag, 12. Januar 2010

Skandal für professionelle Journalisten: Googeln war zu schwer!


Masoud Alimohammdi, Teilchenphysiker, ist durch einen Terroranschlag gestorben. Er war weder Atom- noch Nuklearphysiker.

Iranisches Fernsehen und Fars-Nachrichtenagentur behaupten, dass ein revolutionärer [man lese Regimebefürworter] Nuklearphysiker durch einen Terroranschlag getötet worden sei. Jaras, eine Webseite der grünen Bewegung, schreibt, dass die monarchisch terroristische Organisation API sich auf ihrer offiziellen Webseite als verantwortlich meldet. Auf der API-Webseite war zunächst nichts zu finden (Webseite auf deutsch verfügbar). Eine Stunde später dementiert API die Meldung: Die iranische Regierung hat offenbar eine gefälschte Webseite erstellt. Wenn man vom Iran aus, ohne Filterbrecher, auf die Webseite von API zugreifen will, wird man auf die gefälschte Webseite verlinkt, wo das Bekenntnis zu lesen ist.

Die Nachricht verbreitete sich schnell; auf Zeit.de, Spiegel.de, ARD und anderen Nachrichtenagenturen heißt es: "Atomphysiker durch Bombenanschlag gestorben". Dann wird spekuliert, wer dafür verantwortlich sei. War es der Mossad  oder die iranische Regierung? Spekulationen sind schnell im Umlauf. Keiner gibt sich aber die Mühe, den Namen des Opfers zu googeln. Die Anzahl der falschen Nachrichten und die Klagen der unabhängigen und oppositionellen iranischen Webseiten und Zeitungen über solche Lügen waren wohl nicht genügend. Das Opfer ist kein Nuklear- oder Atomphysiker gewesen, sondern Teilchenphysiker, was auf seiner englischsprachigen Webseite zu lesen ist. Diese ist das erste Ergebnis der Suchmaschine Google, wenn man seinen Namen eingibt.

Die Spekulationen über die Täter und  das Tatmotiv sind nicht hilfreich, da diese auf falschen Nachrichten  beruhen. Professionelle Journalisten, die sich über die große Anzahl der nicht professionellen Webseiten beklagen, haben sich nicht einmal die Mühe gegeben zu googeln. Noch trauriger: Seit langer Zeit schreiben wir dazu Kommentare, aber immernoch wurde diese Meldung nicht korrigiert.

Professor Alimohammadi und die grüne Bewegung


Der Professor war politisch aktiv. Er war vor den Wahlen ein Unterstützer Mousavis, den Beweis sieht man z.B. auf Jaras. Seine Studenten bestätigen, dass er an Demonstrationen der grünen Bewegung teilgenommen hat. Als einer seiner Studenten am Telefon zu einem Freund sagte, es gebe einen Schießbefehl und sie sollten nicht zu der Demonstration gehen, unterbrach ihn Prof. Alimohammadi und sagte zu ihm: "Junger Mann, Sie sollen keine Angst vor den Kugeln haben. Kugeln tun nur am Anfang weh". Am gleichen Tag holte er seine Studenten mit einem Minibus ab und brachte sie zu einer Demonstration.

Falls ich die Ehre habe, dass ein professioneller Journalist diesen Artikel liest, bitte ich ihn zu versuchen, seine Arbeitskollegen zu benachrichtigen, damit die Meldung endlich korrigiert wird. 



3 Kommentare:

  1. Eine subjektive Hypothese und Schlussfolgerung:

    PRÄSIDIALAUFTRITTE KONTRAPRODUKTIV FÜR AUSSENPOLITIK


    Völlig neu wäre, dass das außenpolitische Thema „Iran als Atommacht“ kontrovers und im Tenor gegensätzlich zur Regierung Ahmadinejad von der „grünen“ Bewegung für ein Mehr an Demokratie diskutiert würde oder worden wäre.

    [Diese Bewegung wird ja von der derzeitig ausschlaggebenden Machtelite gerne als eine revolutionsfeindlich-terroristisch-auslands-inspirierte und -gesteuerte Inkarnation des leibhaftigen Gottseibeiuns, des Satans höchstpersönlich, dargestellt.]

    Wenn auch das Grundsätzliche der iranische Außenpolitik verständlicherweise eine Konstante darstellt, so scheint allerdings das irgendwie großmäulig wirkende, simplizistisch-provokante präsidiale Herangehen an außenpolitische Aufgaben als äußerst peinlich gewertet zu werden.

    Die Präsidialauftritte erweisen sich ja nachgewiesenermaßen [i.d.R. täglich diesbezügliche Berichte der internationalen Presse] für die iranische Außenpolitik, um die es ja im Grundsatz keinerlei Meinungsverschiedenheiten zu geben scheint, kritischerweise als höchst kontraproduktiv.

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  2. Herzlichen Dank für Ihre Informationen auf Ihrem Blog.

    Da es verständlicherweise der Öffentlichkeit schwer fällt, einen kühlen Kopf angesichts der rotierend-verwirrenden Ereignisse in Iran zu bewahren,
    verdient Ihr Blog ein besonders Lob, da Sie sich ja genau um dieses Ziel bemühen.

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